1/13/2010

Schulterpolster


Noch vor einigen Jahren wurden Modekenner, -interessierte und -träger nicht müde zu wiederholen, wie glücklich wir uns schätzen können, dass die 80er langsam aber sicher verblassen und die Fotokisten, die Zeugnis geben von den Modesünden des New Wave-Jahrzehnts, in Kellern, auf Speichern und in diversen Versenkungen verschwinden...

Manch ein findiger Großstädter blieb der Stonewashed-Jeans treu, trug den Vokuhila aus Überzeugung, oder auch einfach weil er's nicht besser wusste, und pflegte die Gürteltasche als freche Alternative zum Rucksack zu jeder Gelegenheit umzuschnallen. Doch selbst der modisch unsicherste Typ Mensch wusste, Schulterpolster sind passé. Absolut. Für Immer.

Pustekuchen! Es kam der Tag an dem u.a. Christophe Decarnin für Balmain etwas tat, was die Modewelt der Jetztzeit verändern sollte. Er schickte Models mit großen Schulterpolstern auf den Laufsteg und weckte Bilder in uns, die nach Denver Clan und Dallas schmeckten.
Naserümpfend empfand man diesen Schritt als sensationell. Sensationell mutig. Sensationell erfrischend. Sensationell gewöhnungsbedürftig. Aber wenn eine Carine Roitfeld als eine der Ersten einstimmt in den Schulterpolsterlobgesang, muss was dran sein an dem Jungen, der DIE Modeleiche ausgrub.

Immer öfter trugen bedeutende und weniger bedeutende Persönlichkeiten Schulterpolster zur schmalen Taille. Am häufigsten sah man Leder-Röhre, Plateau-Heels und -BAM!- Schulterpolster, die aussahen, als würden die federleichten Damen zur Science-Fiction-Gestalt mutieren. Als äußerst extravagant gepriesen, wurde auch dieser Trend mit der Zeit Alltagstauglich. Spätestens seit Rihanna immer und überall mit Schaumstoff im Kreuz den Geschmack des Zuschauers reizt, ist die ausladende Schulterpartie salonfähig. Das eigentlich unfassbare ist, dass sie es nicht schafft, den Trend fürs Jetzt zu adaptieren, sondern vielmehr mit halbrasiertem Kopf und Neon-Make-up die schlimmsten Erinnerungen wieder aufleben lässt.

Auch hierbei gilt, das Maß macht's...einer attraktiven Frau kann auch das Schwimmer-Kreuz nichts anhaben und man möchte sich mitfreuen für den verunsicherten Mann, der ihr nach dem zweiten Date im Schlafzimmer aus dem Blazer hilft und merkt, dass er ihr körperlich doch überlegen ist.

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